Samstag, 13. Dezember 2014

"The Crow" [US '94 | Alex Projas]

Brandon Lee's Crow nimmt Ledger's Joker-Interpretation bereits um vierzehn Jahre vorweg und dessen Tod (eine weitere Parallele) trägt zur mythischen Überhöhung dieses rohen, gerade aufgrund seiner Unfertigkeit faszinierenden Comic-Wunders zusätzlich bei. In einer Szene, die Krähe platzt in ein Meeting der kriminellen Elite rein und nimmt sogleich Platz, scheint sich Nolan sogar ganz konkret von "The Crow" inspiriert haben zu lassen. Lee's letzte Karriere-Performance speist sich derweil aus einer ausgestellten, wirkungsvollen Pose, die den literarischen Ursprung sichtlich ehrt und den Schmerz eines Maske-tragenden, zutiefst traurigen Einzelgängers, unfähig sich aus dem Schatten der Vergangenheit zu lösen. Die Krähe lebt in einem kriminellen Moloch Fratzen-verzerrter Egomanen und Okkult-gläubiger Freaks und die Bausubstanz ächzt unter dem unaufhörlichen Prasseln des Regens. Die Figuren in dieser Welt sind undurchsichtig und nie ganz durchschaubar. "The Crow" ist wie der Spielfilm, den Nine Inch Nails nie gemacht haben; voller Schmerz und voller kleiner Wunder, der Poe's einzigartiges Gedicht "The Raven" thematisch aufgreift und über das Motiv der Rache als Antriebsfeder ausweitet. Es ist sowieso ein Wahnsinn, dass dieser Film, nicht zuletzt auch einer über Außenseitertum und Trauerbewältigung, schließlich in dieser Form fertiggestellt wurde. Als letzte Erinnerung an einen Toten - welch Ironie. „And my soul from out that shadow that lies floating on the floor / Shall be lifted – nevermore!“

6.5/10

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