Samstag, 8. November 2014

Conan-Retro #2: Jack the Ripper und der Fluch des Mittelmaßes

 „Der Killer in ihren Augen“ [JP '00 | Kenji Kodama]

Prinzipiell scheint es nur konsequent zu sein, nach dem rasanten, groß angelegten dritten Film ein fast schon intimes Personenspiel zu initiieren – zumindest für Conan-Verhältnisse. „Der Killer in ihren Augen“ positioniert also seine Figuren um einen Schauplatz der Vergangenheit und greift die Geschehnisse des Vorgängers wieder auf. Die Auflösung ist dann aber selbst für „Detektiv Conan“ konstruiert und einigermaßen bekloppt, während der entlarvte Täter während des endlos gestreckten Finales in bester Bond-Manier wieder und wieder zu einer neuen, alles erklärenden Bösewicht-Rede ansetzt. Spaß macht diese launige, überlange Doppelfolge natürlich trotzdem. Irgendwie.

4.5/10

„Countdown zum Himmel“ [JP '01 | Kenji Kodama]

Netter Campingausflug. Gerne schnarchig (die Einführung), manchmal spannend (der Mord & die Überführung), aber immer sympathisch (die Gefühlsduselei). Das Finale (brennendes Hochhaus) kopiert „Countdown zum Himmel“ ganz frech vom ersten Leinwand-Abenteuer und das Auftauchen der Männer in Schwarz bleibt ohne jede Relevanz. Der Schlussakt gipfelt dann zumindest richtig schön over-the-top. Ansonsten scheint der Umfang der Handlung kaum ausreichend für einen abendfüllenden Spielfilm und wurde für die deutsche TV-Ausgabe beschnitten, um im Doppelfolgen-Format seine Premiere zu feiern.


4/10

„Das Phantom der Baker Street“ [JP '02 | Kenji Kodama]

Los geht’s mit einem erwachsenen Einstieg, der nichts erklärt und doch den Ton für die kommenden 90 Minuten setzt. Das hat in diesen Momenten nichts mehr mit kindgerechter Unterhaltung zu tun und verweist bereits auf die spannende Prämisse des sechsten Kinofilms: Virtual Reality. Dieses Konzept ermöglicht es Conan ein von seinem Vater (ein Schriftsteller, der hier einen seiner raren Langzeit-Auftritte hat) erdachtes Videospiel zu betreten, welcher sogar Elemente aus seinem eigenen Leben in die virtuelle Realität transferiert hat (er leiht Holmes sein Gesicht). Platte Kommentare zur gesellschaftlichen Elite des Inselstaates und damit zu einem sich im Kreis drehenden System, in dem hochrangige Positionen lediglich innerhalb geschlossener Familiendynastien weitergereicht werden, kann sich "Das Phantom der Baker Street" dabei aber nicht verkneifen.

Die Figur des Sherlock Holmes, die nicht nur in der Originalserie immer wieder eine zentrale Rolle spielte, sondern auch eine maßgebliche Inspiration für den namensgebenden Protagonisten gebildet haben dürfte, erfährt hier durch mehr oder minder offensichtliche Verweise (von Moriarty bis Irene Adler sind alle dabei) und vor dem Hintergrund der englischen Hauptstadt im 19. Jahrhundert eine respektvolle Hommage (Conan vs. Jack the Ripper), die auch die eigenen Parallelen zum literarischen Vorbild ironisch reflektiert - „Die Baker-Street-Bande macht also das selbe wie wir“. Den Täter von Beginn an zu offenbaren beschneidet den Film dabei auch viel weniger in seinen Möglichkeiten Spannung zu erzeugen, als dass er den Fokus lediglich auf andere Aspekte der wunderbaren Geschichte zu lenken weiß und das Wissen um den Mörder gar als Antriebsfeder für den Zuschauer nutzt.

Sobald das Cyberspace nämlich erst einmal als letzte Ruhestätte eines auf ewig gefangenen Geistes in Aussicht gestellt wurde und das zur Massenbelustigung erdachte Produkt durch einen Hackerzugriff zum Spiel auf Leben und Tod erhoben, generiert „Das Phantom der Baker Street“ seine Spannung an ganz anderer Stelle. Diesem sechsten „Detektiv Conan“-Film geht nicht einmal zum Finale die Puste aus, ganz im Gegenteil: zum Schluss gibt’s noch die androgyne Jack the Ripper-Version der Japaner, eine nicht enden wollende Zugfahrt und ein Conan, dem für einen kurzen Moment die Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben steht. „Also wirklich, dieser Computer hat einen schlechten Charakter.“

7/10

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