Dienstag, 10. Januar 2012

"Gremlins II - The New Batch" [US '90 | Joe Dante]

Nicht ohne Grund reichen Fortsetzungen in der Regel nicht an die Qualität ihres Vorgängers heran und bleiben zumeist überflüssiger Zusatz. Meistens sind Geschichten und Charaktere nach dem ersten Mal aus-erzählt, die Kreativität eines Regisseurs erschöpft oder die inhaltliche Substanz nicht ausreichend für den Ausbau bzw. Aufbau eines vollwertigen Franchise. Im Kontext dieser Erkenntnis erweist sich "Gremlins II – The New Batch" also als eine durchaus wertvolle Rarität, denn Dante's zweites Gremlin-Abenteuer erweist sich in jedem Aspekt als eine – dem Vorgänger mindestens ebenbürtige – Fortsetzung.

Billy Peltzer hat es einige Jahre nach den Ereignissen in seiner Heimatstadt nach New York verschlagen, wo er gemeinsam mit seiner Freundin Kate für den Medienmogul Daniel Clamp arbeitet. Dieser versucht bereits seit einiger Zeit vergebens, den alten Besitzer des chinesischen Ramschladens dazu zu bewegen, seinen Laden zu verkaufen, damit dieser dort ein lange geplantes Bauprojekt realisieren kann. Nach dem Tod des Besitzers beginnen schließlich die Abrissarbeiten des kleinen Ladens. Der kleine Mogwai Gizmo kann aus dem Laden flüchten, ehe er unter den Trümmern begraben wird und landet schließlich bei seinem alten Besitzer Billy. Als dieser ihn einige Zeit alleine lässt und Gizmo unbeabsichtigt mit Wasser in Berührung kommt, nimmt der Alptraum erneut seinen Lauf...

Mit einem schmierigen Lächeln im Gesicht des Fernsehbosses Clamp und der damit einhergehenden Kapitalismus-Kritik läutet Regisseur Joe Dante die zweite Runde seines Zitat-Spektakels ein, um nur wenige Augenblicke später den Action-Klassiker "Rambo" in einer kurzen Sequenz zu würdigen. Eingeleitet wird das zweite Gremlins-Abenteuer jedoch von einem skurrilen Disput zwischen den Zeichentrick-Ikonen Bugs Bunny und Daffy Duck, in der Dante ein weiteres Mal seine Affinität gegenüber dem Zeichentrick-Genre unter Beweis stellt (in seinem späteren Werk "Looney Tunes: Back In Action" lebt er diese Passion schließlich vollständig aus).

Tatsächlich ist die erste halbe Stunde von "Gremlins II – The New Batch" geprägt von erschreckender Trostlosigkeit: Billy's Chefin erweist sich schnell als geld- und machtgeiles Biest, unter deren Launen Billy ein ums andere Mal zu leiden hat, sein Freund Fred (Robert Prosky) nimmt ihm schnell alle Illusionen, die er sich im Hinblick auf das oberflächliche Show-Business gemacht hatte und nur wenige Stockwerke unter Billy's Arbeitsplatz werden unter Leitung des Wissenschaftlers Doktor Catheter (großartig: Christopher Lee) moralisch fragwürdige Tierversuche durchgeführt.

Dante zeichnet wie schon im Vorgänger ein zutiefst pessimistisches Bild der Gesellschaft und kommentiert das Geschehen gewohnt satirisch. "Gremlins II" lässt dabei jedoch jene Subtilität vermissen, die Teil Eins an den Tag legte und gibt sich nun vollends dem fortwährend präsenten Trash-Gedanken hin. Dass Dante nach dem angefahrenen ersten Teil nichts anderes übrig blieb als sich jener Over-the-Top-Attitüde hinzugeben, die er in der Fortsetzung schließlich eindrucksvoll zelebriert, erweist sich retrospektiv betrachtet jedoch als die größte Stärke des zweiten Teils. So ist es doch gerade der herrlich direkte Humor, der die Fortsetzung derart anders und eigenständiger werden lässt. "Gremlins II" ist zweifelsfrei das Werk eines Filmliebhabers, ein Werk, so entfesselt und kreativ inszeniert als sei es das erste Mal. Selten steckte in einer Fortsetzung soviel Humor und Eigenständigkeit wie in Dante's Gremlin-Fortführung. 

Wie beiläufig kritisiert Dante immer wieder die amerikanische Gesellschaft, sei es wenn die Gremlins eine Hand voll Töpfe in eine Mikrowelle schmeißen und der einzige schockierte Kommentar der TV-Köchin jener ist, dass davon die Mikrowelle kaputt ginge oder das hoch technisierte Sicherheitssystem der Fernsehanstalt als Sinnbild der amerikanischen Paranoia und Kontrollsucht. Seinen Höhepunkt findet Dante's satirisches Konzept jedoch etwa dann, wenn einem Gremlin durch die Injektion eines Serums aus dem Forschungslabor menschliche Intelligenz und die Fähigkeit diese zu verbalisieren injiziert wird. Von da an kommentiert der Gremlin – in den Credits nur treffend "Brain" genannt – durchaus eloquent die Handlungen seiner Artgenossen und entwickelt sich als eine Art Sprachrohr für die Gremlin-Gemeinschaft. Diese Idee – den Gremlins eine Stimme zu verleihen – ist an Genialität wohl kaum noch zu überbieten, so bieten sich doch gerade durch diese Veränderung enorme Möglichkeiten den satirischen Einschlag Dante's auf den absoluten Höhepunkt zu treiben. Dieser wäre dann vermutlich im darauffolgenden Fernsehinterview zwischen dem Schauspieler Fred – welcher kurzfristig begann als Reporter zu fungieren – und dem Gremlin "Brain" erreicht, in dem dieser die Beweggründe seiner Artgenossen erläutert.

Darstellerisch ist an "Gremlins II" selten etwas auszusetzen, Zach Galligan sowie Phoebe Cates spielen ihre Abziehbild-Charaktere – wie schon in Teil Eins – sehr souverän und sind extrem sympathisch. Gerade Galligan als Billy verkörpert äußerst sympathisch das Helden-Ideal längst vergangener Dekaden und gibt sich absolut keine Blöße. Doch der wahre Held bleibt ohne Zweifel der grandiose John Glover als gelangweilter Medienmogul, dessen herrliches Over-Acting ein ums andere Mal die Lachmuskeln strapaziert und einem im Zusammenspiel mit seinem bizarren Verhalten in Anbetracht der eigentlich katastrophalen Geschehnisse, das Grinsen buchstäblich ins Gesicht tackert. Falls jemandem dieses Grinsen auf dem Weg zum Finale abhanden kommt, den wird spätestens dort ein abermaliger Angriff auf die Lachmuskeln erwarten. Dann zelebrieren die Gremlins nämlich den vermeintlichen Untergang der Sonne mit einem sauber durch-choreographierten Musical mit einigen Anleihen zu "Das Phantom der Oper", bevor diese durch Billy und seine Freunde in bester Splatter-Manier geröstet werden und sich schließlich in grünliche Pfützen verwandeln. Zuvor durfte Gizmo auch nochmal ran und einen fiesen Spinnen-Gremlin mittels Pfeil und Bogen - "Rambo" lässt grüßen – spektakulär zur Strecke bringen.

Tatsächlich gibt es an "Gremlins II" selten wirklich etwas auszusetzen. Einzig die in der Mitte auftretende Kino-Sequenz und der Cameo-Auftritt Hogan's waren etwas zu viel des Guten. Und wenn eine Horde Gremlins einen Kritiker, welcher soeben "Gremlins II" rezensierte, erledigt, wünscht man sich ein wenig die Subtilität des ersten Teils zurück. Doch trotz solch marginaler Mängel bleibt die Gremlins-Fortsetzung eine faustdicke Überraschung und kann sich auch qualitativ jederzeit mit seinem Vorgänger messen lassen. Die visuelle Gewalt ist angemessen, die Zitate und unzähligen Anspielungen sitzen, der Spaß ist da und die Gremlins rocken in angemessener Manier auch den zweiten Teil überraschend überzeugend.

8/10

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