Montag, 18. November 2019

Wellen reiten - "Das Meer war ruhig" [JP '91 | Takeshi Kitano]


Fun Fact: die Müllabfuhr hinterlässt beim Abholen des Mülls immer selbst ein bisschen Müll. Bei dieser Müllabfuhr, jedenfalls, arbeitet ein junger Mann, der nicht hört und nicht spricht, aber natürlich trotzdem erzählt. Sein Körper erzählt beim Reiten der Wellen mit seinem notdürftig reparierten Surfboard, sein Gesicht erzählt, wenn es stoisch auf den Horizont, auf das Meer ausgerichtet ist. So wie dieser Film erzählt, gerade wenn nicht gesprochen wird, wenn sich die Prozesse wiederholen und wiederholen und wiederholen, bis der Stand auf dem Board ganz fest geworden ist und jede Welle eine Einladung. Der Film genießt zudem das Privileg, von der Musik Joe Hisaishis beseelt zu werden. Erst diese lässt die Bilder melancholisch flimmern. Ich musste an den viel späteren „Paterson“ von Jarmusch denken, der konzeptionell natürlich viel klarer und ausgefuchster ist. Das hemdsärmelige, rohe, filmisch nicht immer ganz glückende von „Das Meer war ruhig“ doppelt sich interessanterweise auch in der dezenten Aufstiegsgeschichte des Protagonisten. Vielleicht ist der Film das Äquivalenz-Stück zu den Slacker- und Surfer-Filmen aus den USA, wenngleich die kulturellen Unterschiede offenkundig sind. Statt eines ziellosen Umherirrens, findet der Protagonist ja gerade zum scheinbar ersten Mal in seinem Leben zu einem Ziel und ist den gesamten Film über ganz und gar fokussiert darauf, ein besserer Surfer zu werden. Das äußert sich im Film dann darin, dass er es bis in das Halbfinale eines regionalen Surf-Wettbewerbs schafft. Das war es dann aber auch schon. Es gibt keinen dramatischen Finalsieg, keine jubelnde Menge, sondern einfach nur den deutlichen Fortschritt der eigenen Fertigkeiten und den Respekt der Surfer-Kollegen. Zum Schluss lässt Kitano nochmal alle Figuren seines Filmes ganz im Doku-Stil mit ihren Surfboards in die Kamera blicken, Joe Hisaishi und seine Musik ziehen einem Schuhe mitsamt Socken aus, dann ist der Film zu Ende. Manchmal ist es einfach ganz einfach.

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