Sonntag, 8. April 2018

"Lady Bird" [US '17 | Greta Gerwig]

Schon klar, das Leben ist kein Wunschkonzert. Ich wünsche Greta Gerwig trotzdem mehr Ruhe, in den Leben ihrer Figuren auch die hässlichen Momente auszuhalten. Denn das hohe Tempo fordert seinen Tribut: der tänzelnde Schritt des Filmes, einer Frances Ha gleich, verdichtet die vielen Themenkomplexe einer Emanzipationsgeschichte zu einem außerordentlich kurzweiligen, federleichten Vergnügen, droht aber auch über jede Tiefe ignorant hinweg zu tänzeln. Die extrovertierte Lady Bird knüpft direkt an jene lebensbejahenden, quirligen Figurentypen an, der sonst Gerwig selbst Gesicht und Körper leiht. Sie sind das Übertragungsmedium dieser sommerlichen, elektrisierenden Lebensfreude und der schier unstillbaren Lust auf die Welt, die einen, wenn unkontrolliert übertragen, fast zum bersten bringt. Aber sie schieben auch andere Dinge beiseite, die ebenfalls beachtenswert wären. Die liebevolle Vaterfigur hätte beispielsweise ebenso gut gleichberechtigt neben der Mutter existieren können, um den Film als ausgleichendes Temperament auch tonal zu erden.

Dieser schreitet – vielleicht ganz bewusst – tatsächlich wie ein bockiger, engstirniger Jugendlicher ohne einen Blick zur Seite zu wagen voran; mäht alles über, was sich ihm in den Weg schmeißt; kreischt los, wenn es sich richtig anfühlt, weint, wenn es sich richtig anfühlt, lacht, wenn es sich richtig anfühlt. Die Direktheit seiner Hauptfigur legitimiert dem Film jeden Ausrutscher: die Freundin wird für ein vermeintlich reiferes Mädchen fallen gelassen, die Mutter immer wieder vor den Kopf gestoßen. Fehltritte realisiert Lady Bird erst nachdem sie ihr unmittelbar vorgeführt worden sind und der Film kommentiert sie nicht, wenn sie geschehen. Hier spricht der Film ganz und gar die Sprache seiner Hauptfigur, die sich konsequenterweise in erster Linie um sich selber kümmert. Insofern lässt sich sicherlich für diese perspektivische Entscheidung argumentieren, auch wenn sich mir persönlich nur ganz sporadisch ein Zugang zu den Figuren und ihrer Welt eröffnete. Dafür blieben sie in der Geschwindigkeit, in der sie durch die Schauplätze der Adoleszenz rasten, immer seltsam distanziert. Wo ich lieber länger in den Gesichtern nach einer Regung geforscht hätte, kam mir ein Song dazwischen; wo die Worte eigentlich noch Raum benötigten, um ein Echo zu erzeugen, kam der Schnitt.

1 Kommentar:

  1. Mochte den Film nicht sonderlich, obschon ich Gerwig sehr zugetan bin. Der Hauptfigur geht leider jegliche Sympathie ab, Gerwigs eigene Charaktere sind mitunter auch etwas egozentrisch, aber durchaus dabei positiv gezeichnet. Lady Bird ist dagegen einfach eine totale Göre, der ich nichts abgewinnen konnte. Die Zeichnung der Beziehung zu den Eltern ist zwiespältig, der Vater als Figur gar nicht wirklich vorhanden. Welche Aussage der Film transportieren will, ist mir auch unklar, ich habe aber auch schon den Großteil von ihm vergessen, nachdem ich ihn vor 5-6 Wochen sah.

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