Samstag, 30. Juli 2016

"Stranger Things" [US '16 | Season 1]

„Das Ding“ an der Wand, das Spielfeld ausgebreitet, die Spielfiguren angeordnet. Eine Partie Referenz-Bingo, die Stifte sind gezückt, die Kinderherzen erinnern sich. Ein Ticket zurück, bitte! Einmal entstaubt und aufpoliert. Und machen Sie sich über mich keine Sorgen, notfalls lassen Sie mich einfach zurück, ich werde es mir hier schon einrichten. Wenn die Unsicherheit der Zukunft so entschieden abgeschirmt wird, ist es plötzlich wieder da: das heimelige, warme Gefühl wie in Watte eingepackt zu sein. In der Gewissheit einer abgeschlossenen Vergangenheit bewege ich mich gern, schaue nochmal genauer auf die Dinge von damals, atme nochmal bewusster die Staub-geschwängerte Luft des Dachbodens – dort, wo all der Kram von Muttern und Vatern verstaut wird und sich langsam in seine Einzelteile zersetzt. Meine Kinder bekommen neues Zeugs, das hier ist also ganz für mich allein. - Sicher, „Stranger Things“ liebt sein Sujet innig und ganz ohne Falsch, ebenso wie das Jahrzehnt, in dem die Serie sich so demonstrativ verortet. Soviel kaufe ich den Duffer-Brüdern ab, auch ohne sie näher kennengelernt zu haben. Dazu gleitet die Kamera zu lustvoll durch die erhabenen Sets und arrangiert seine Easter-Eggs viel zu gewissenhaft. Also folgen wir einer Jungs-Gang in bester King-Manier auf einer Reise durch ein Alptraum-geplagtes, verschlafenes Suburbia, gleichermaßen konfrontiert mit den Verfehlungen geheimer Regierungsexperimente wie angestaubten Highschool-Karikaturen, die nicht wissen, dass sich ihre Szenen und damit ihre Existenz auf den Charakter-Bildungen anderer gründet. Die 80er Jahre über die technischen Möglichkeiten hinaus weiterzuentwickeln passiert jedenfalls nicht. Wie so vielen Hommagen ist „Stranger Things“ nämlich die Ehrfurcht vor seinen rezitierten Vorbildern fest eingeschrieben. Sich überdrüssiger Tropen und Konventionen zu entledigen wäre also eine echte Chance gewesen, eine Chance, die die Duffer-Brüder jedoch nicht annehmen (wollen?) - oder die ihnen überhaupt nie in den Sinn kam. Das Kino der 80er fängt nicht 1980 an und hört nicht 1989 auf – seine Entwicklung setzt sich bis heute fort. Warum nicht ansetzen bei dieser Entwicklung und ihr eine Richtung geben, statt abermals die Versatzstücke dieser Zeit penibel zu rekonstruieren? Warum der Vergangenheit nicht den Weg in die Zukunft weisen?

5/10

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